Klassische Archäologie
Prof. Dr. Annette Haug
Projekte
Decorative Strategien in neronischen Residenz- und Wohnkomplexen:
Die visuelle Wahrnehmung
erschließt dem Menschen eine funktional, semantisch und ästhetisch
höchst komplex determinierte Umgebung. Handeln und Begreifen sind in
einem solch überdeterminierten Setting allein durch Strukturierung und
Selektion des visuellen ‚Materials‘ möglich. Obwohl inzwischen
zahlreiche psychologische Untersuchungen zu Mechanismen der Wahrnehmung
vorliegen, sind bislang kaum Versuche unternommen worden, die visuelle
Strukturierung der Lebenswelt in ihrer Gesamtwirkung zu untersuchen. An
dieser Stelle setzt das hier vorgestellte Projekt an, das am Beispiel
von Residenz- und Wohnkomplexen neronischer Zeit die Gesamtheit
visueller (decorativer) Gestaltungsformen in ihrem Wirkungszusammenhang
analysieren möchte. Ansatzpunkt der Analyse soll die Frage nach dem
Zusammenwirken von semantischen und ästhetischen Elementen bei der
Erzeugung einer Raumatmosphäre darstellen. Indem die ausgewählten
Fallbeispiele unterschiedlichen sozialen Horizonten entstammen, läßt
sich analysieren, inwieweit sich das kaiserliche Milieu in dieser
Hinsicht von aristokratischen und bürgerlichen Kontexten absetzen läßt
oder die Strategien grundsätzlich vergleichbar sind.
Bildinszenierung und Bildpraxis:
Im Rahmen der Beschäftigung
mit Bildinszenierung und Bildpraxis geht es um die Frage, wie sich die
Inszenierung und der Umgang mit Bildern von ihrer Herstellung bis zu
ihrer Zerstörung verändert und durch die sich wandelnden Bildpraxen
unterschiedliche Bildbedeutungen generiert werden. Im Umgang mit Bildern
werden soziale Aushandlungsprozesse greifbar, die ihrerseits wiederum
Aufschluss über die Stabilität, aber auch die Fragilität sozialer
Ordnungen geben. Ein Teilaspekt dieser Fragestellung wird in dem Projekt
'Das Ende der Bilder' verfolgt, das im Rahmen des SFB-Antrags
'Erfahrung und Umgang mit Endlichkeit' ausgeführt wird.
Das frühgriechische Ornament:
Im Anschluss an die
Beschäftigung mit Körper- und Rollenbildern auf frühgriechischen Gefäßen
des 8. und 7. Jh. (siehe: Die Entdeckung des Körpers, Berlin 2012) geht
es im Rahmen eines kleinen Buchprojekts um die ornamentale 'Umgebung'
dieser Figuren. Die frühgriechischen Bilder sind voll von Ornamenten,
die im Hinblick auf ihren Zeichencharakter, auf ihre syntaktische
Funktion, aber auch ihre ästhetische Wirkung befragt werden sollen.
Das Haus 49,19 in Megara Hyblaia: Eine exemplarische Studie zum Wohnen in Sizilien in hellenistischer Zeit
(Projektleitung gemeinsam mit Prof. Dr. Dirk Steuernagel, Universität Regensburg)
Ziel des Forschungsprojekts ist es, mit der präzisen und
differenzierten archäologischen und bauhistorischen Dokumentation eines
in den 1960er Jahren ausgegrabenen Hauses in Megara Hyblaia (49,19) die
wissenschaftliche Diskussion über sozial- und kulturgeschichtliche
Aspekte des Wohnens im hellenistisch-römischen Sizilien voranzubringen.
In einer ersten Kampagne im September 2010 wurde ein steingenauer Plan
im Maßstab 1:50 erstellt. Die Ergebnisse wurden photographisch und in
einer Datenbank dokumentiert, ein Vorbericht ist im Druck. Im Rahmen
einer zweiten Kampagne 2012 wurden die Ergebnisse kontrolliert und mit
Vergleichsbefunden konfrontiert.
Für die Publikation wird eine Einordnung des Befunds in den weiteren Horizont hellenistisch-römischen Wohnens auf Sizilien angestrebt. Die Maison 49,19 bietet dafür einen bedeutenden Anhaltspunkt, handelt es sich doch um ein sehr frühes, prunkvolles Zweihofhaus an der Schnittstelle hellenistischer und römischer Wohnkultur.
Mitgliedschaft und Mitarbeit in Forschungsverbünden
-
SFB "Scales of Crisis" (in Antragstellung)
vertreten mit drei Teilprojekten:
"Concepts of Time and material culture",
"Crises of Early Greek Societies",
"Visual rhetorics of crisis?" - SFB "Erfahrung und Umgang mit Endlichkeit" (in Vorbereitung)
Projekt zum Thema "Das Ende der Bilder. Eine Studie zur Endlichkeit der Bilder in der griechischen und römischen Kultur"